Schadensersatz wegen verzögerter Reaktivierung eines vorzeitig in den Ruhestand versetzten Beamten?

Kommentar zum Urteil: BVerwG 2 C 4.21 – 15.11.2022

Die Reaktivierung, auch erneute Berufung in das Beamtenverhältnis genannt, ist das Gegenstück der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. Die Frage der Reaktivierung stellt sich immer dann, wenn Beamte nach einer Zurruhesetzung die Dienstfähigkeit wiedererlangen.            

Die Reaktivierung kann auf Antrag des Beamten, aber auch auf Betreiben des Dienstherrn erfolgen. Hierzu existieren in den Landesbeamtengesetzen unterschiedliche Fristen.

Schon seit langer Zeit hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass dem Antrag eines wieder dienstfähigen Beamten auf Reaktivierung zu entsprechen ist, falls nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Insofern ist ein strenger Maßstab anzulegen: Zwingende dienstliche Gründe müssen „von solchem Gewicht sein, dass die Ablehnung der vom Beamten begehrten Maßnahme unerlässlich ist, um die sachgerechte Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben sicherzustellen; es müssen mit großer Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit drohen“ (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.08.2008, Az. 2 C 41.07).

Nunmehr hat das Bundesverwaltungsgericht ergänzend festgestellt, der Dienstherr habe nur zu prüfen, ob es an jeglicher zumutbaren Verwendungsmöglichkeit fehlt. Die Reaktivierung dürfe der Dienstherr nicht so lange hinausschieben, bis er tatsächlich einen dem Statusamt des Beamten entsprechenden Dienstposten gefunden hat.

Dienstunfaehigkeit 1

Der Kläger, ein Studiendirektor, wurde wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Im darauffolgenden Jahr stellte der Dienstherr im Anschluss an eine amtsärztliche Untersuchung die volle Wiederherstellung der Dienstfähigkeit fest. Knapp sieben Monate später – nachdem für ihn eine Einsatzschule gefunden war – wurde der Kläger reaktiviert.

Der Kläger begehrt Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen den Ruhestandsbezügen und der Besoldung für den Zeitraum zwischen der Feststellung der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit und der Reaktivierung. Sein Begehren ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Zwar verletzt das Berufungsurteil revisibles Recht, die Ablehnung des Anspruchs auf Schadensersatz erweist sich aber aus anderen als den vom Berufungsgericht angenommenen Gründen als im Ergebnis richtig. Die Reaktivierung eines Ruhestandsbeamten nach § 29 Abs. 1 BeamtStG setzt einen – nicht notwendig schriftlichen – Antrag des Beamten sowie die auf einem ärztlichen Gutachten basierende Feststellung voraus, dass die Dienstfähigkeit des Beamten wiederhergestellt ist. In diesem Verfahren ist ferner nur noch zu prüfen, ob es den Dienstherrn vor nicht mehr hinnehmbare Schwierigkeiten stellen wird, für den zu reaktivierenden Beamten durch organisatorische Änderungen einen geeigneten Dienstposten zu schaffen. Dagegen hängt die Reaktivierung nicht davon ab, dass für den Beamten auch ein seinem Statusamt entsprechender Dienstposten gefunden wird.

Dass das im vorliegenden Fall beklagte Land hiervon nicht ausgegangen ist, kann ihm im Rahmen eines beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs nicht als schuldhaft angelastet werden. Soweit in der Rechtsprechung und in der Literatur überhaupt Ausführungen zum Prüfprogramm in derartigen Fällen gemacht worden waren, ergaben sich hieraus keine eindeutigen und zugleich dem dargestellten Maßstab entsprechende Anforderungen.

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(Artikel erstellt am 06.12.2022)

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Die Verfasserin

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RAin Britta Ruiters
Rechtsanwältin und PIW-Trainerin

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