Warum interkulturelle Kompetenz unverzichtbar ist
Stellen Sie sich vor, Sie bitten einen Kollegen aus einer internationalen Organisation per E-Mail um eine eilige Rückmeldung zu einem wichtigen Projekt. Dann erwarten Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit eine detaillierte schriftliche Antwort innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Doch der Kollege, der einen südeuropäischen Kulturhintergrund hat, reagiert erst nach mehreren Tagen und ruft Sie dann auch noch an, um seine Antwort persönlich zu besprechen…
Diese Situation verdeutlicht, wie unterschiedlich Kommunikationsstile und Erwartungen zwischen Kulturen sein können.
Unterschiedliche Arbeitsweisen, Entscheidungsprozesse, Kommunikationsstile
Ein zentraler Aspekt ist der Umgang mit Zeit und Arbeitsorganisation. In deutschen Behörden dominiert häufig ein linear-aktiver Ansatz: Aufgaben werden strukturiert und nacheinander abgearbeitet. Auch gilt das Prinzip der „internalisierten Kontrolle“, d.h. ein Mitarbeitender selbst ist für die das Einhalten von Absprachen zuständig, nicht seine Führungskraft. In multi-aktiven Kulturen ist der Umgang mit Zeit flexibler. Menschen arbeiten oft gleichzeitig an mehreren Projekten und Prioritäten können sich je nach Situation ändern. Diese dynamische Arbeitsweise wird stark durch zwischenmenschliche Beziehungen beeinflusst, was in Deutschland weniger der Fall ist. Treffen lineare und multi-aktive Ansätze aufeinander, kann es zu Missverständnissen kommen, etwa wenn Fristen oder Absprachen unterschiedlich verstanden werden.
Auch der Umgang mit Hierarchien variiert stark zwischen verschiedenen Kulturen. In Deutschland sind Hierarchien häufig klarer strukturiert, wenn auch nicht immer streng. Viele Organisationen setzen auf flachere Hierarchien, besonders in kreativen oder agilen Bereichen. In anderen Kulturen, wie in den Niederlanden, sind Hierarchien flacher und die Kommunikation informeller. Führungskräfte fördern dort oft Konsensentscheidungen und enge Zusammenarbeit.
Ein weiteres Beispiel ist der Umgang mit Regeln und Absprachen. In Deutschland gelten formelle Vereinbarungen meist als bindend, während in einigen anderen Ländern solche Absprachen flexibler gehandhabt werden können. Hier wird oft stärker auf persönliche Beziehungen und den Kontext geachtet, was in Deutschland nicht immer nachvollziehbar ist. Ohne ein Bewusstsein für diese unterschiedlichen Auffassungen können Fehlinterpretationen und Spannungen entstehen.
Die Rolle der interkulturellen Kompetenz in der Zusammenarbeit
Interkulturelle Kompetenz bedeutet, solche Unterschiede zu erkennen und darauf flexibel und respektvoll zu reagieren. Sie umfasst die Fähigkeit, Kommunikationsstile einzuordnen, kulturelle Prägungen zu verstehen und Missverständnisse aktiv zu vermeiden. In einer immer diverseren Arbeitswelt ist diese Kompetenz ein wertvolles Future Work Skill, um kulturelle Vielfalt produktiv zu nutzen.
(Artikel erstellt am 16.12.2024)
Unser Inhouse-Seminar zu diesem Thema:
Interkulturelle Kommunikation für Fach- und Führungskräfte
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Die Verfasserin
Dr. Anja K. Haftmann
PIW-Trainerin
Beratungs- und Trainingsschwerpunkte
- Soft-Skills-Trainings: Kommunikation und Gesprächsführung, interkulturelle Kommunikation, Moderation und Leiten von Besprechungen, Argumentations- und Diskussionstechniken
- Führungskräfte-Trainings: alle Arten anlassbezogener und turnusmäßiger Mitarbeitergespräche, Führungsverhalten und -methoden, Einstieg in die neue Führungsrolle, Führen in Veränderungssituationen, hybride Führung, Entwickeln einer guten Teamkultur, Umgang mit der Generation Z
- Moderation und Workshop-Gestaltung
- Entwickeln und Einführen von PE-Instrumenten, z. B. Zielvereinbarungen, Mitarbeitergespräche, Führungskräfte-Feedback
- Begleiten von Veränderungsprozessen und Teamentwicklungen
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Aus Gründen der Lesbarkeit wird in diesem Artikel gelegentlich nur die männliche oder weibliche Form verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter (m/w/d).